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von JAKOB HANKE VELA
Mit CARLOTTA DIEDERICH
DIE TOP-THEMEN |
— AFGHANISTAN-ABZUG: Die Republikaner versuchen Kamala Harris mit dem chaotischen Abzug aus Afghanistan im Jahr 2021 in Verbindung zu bringen.
— TRUMP VOR HARRIS: Laut einer viel beachteten Umfrage der New York Times will eine Mehrheit derjenigen Wähler, die auch wirklich wählen gehen, für Trump stimmen.
— KRYPTO-KRACH: Demokratische Krypto-Investoren sind besorgt, dass sich die Branche zu stark nach rechts bewegt.
— VENEZUELA AM ABGRUND: Die USA befürchten eine neue Auswanderungswelle aus dem Land.
— BACK TO SCHOOL: Heute kommt der Kongress aus der Sommerpause zurück auf den Capitol Hill.
Willkommen bei DC Decoded, dem werktäglichen Amerika-Briefing von Jakob Hanke Vela und Carlotta Diederich über die aktuellen Entwicklungen jenseits des großen Teichs.
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WORÜBER WASHINGTON SPRICHT |
PLÖTZLICHE VERWANDLUNG: Über Nacht hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, Michael McCaul, einen vernichtenden Bericht zum Afghanistan-Abzug veröffentlicht.
Kamala soll schuld sein: In dem Bericht deckt der Republikaner Fehler der Biden-Administration beim Abzug der US-Truppen auf — doch plötzlich soll Kamala Harris, nicht mehr Joe Biden, für das Chaos während der entscheidenden Tage Ende August 2021 verantwortlich sein.
Der Bericht ist die Krönung einer dreijährigen Untersuchung, in der die Republikaner versucht haben, Biden und seinen wichtigsten Mitarbeitern im weißen Haus Fehlverhalten nachzuweisen. Die Untersuchung war geprägt durch hitzige öffentliche Anhörungen und Streitereien um Zugang zu Dokumenten.
Interessant: In einem Zwischenbericht von 2022, der 115 Seiten umfasste, wurde Harris nur zweimal namentlich erwähnt. Im aktuellen Abschlussbericht, vier Wochen nach Harris’ Nominierung, taucht ihr Name dagegen satte 251 Mal auf, berichten meine Kollegen Robbie Gramer und Joe Gould.
McCaul wirft der „Biden-Harris-Regierung“ vor, beim Abzug aus Afghanistan die Sicherheit von US-Personal riskiert zu haben. Der Bericht behauptet zudem, dass die amerikanische Öffentlichkeit während des Abzugs immer wieder in die Irre geführt und teils direkt belogen wurde.
In der politischen Arena fliegen die Vorwürfe hin und her: Republikaner und Demokraten machen sich gegenseitig für das Chaos am Ende des 20-jährigen Krieges verantwortlich, der mit der erneuten Übernahme Afghanistans durch die Taliban endete.
Hintergrund: Die Biden-Regierung führte den Abzug durch, doch Donald Trump hatte 2020 bereits ein Friedensabkommen mit den Taliban geschlossen. Dieses Abkommen legte die Freilassung Tausender Gefangener und ein festes Datum für den US-Abzug fest.
TRUMPS ERFOLGREICHE VERZÖGERUNGSTAKTIK: Noch eine Wendung im Wahlkampf. Die allgemeine Weisheit — der man selten trauen sollte — war nicht nur, dass Joe Biden an seiner Kandidatur festhalten würde, sondern auch, dass der Wahlkampf von den Prozessen gegen Trump geprägt würde. Doch die Prozesse spielen bisher kaum eine Rolle.
Etappensiege: Von den vier Strafprozessen gegen Trump sind drei so stark verzögert, dass sie wohl erst nach den Wahlen verhandelt werden — wenn überhaupt. Trump errang mehrere Siege, unter anderem als das Oberste Gericht das Bundesverfahren gegen ihn wegen des Versuchs, die Wahl 2020 zu untergraben, in Teilen kippte.
Gute Nachricht für Trump: Nur im vierten Prozess, über die Schweigegeld-Zahlung an Stormy Daniels, wurde Trump verurteilt. Doch am Freitag hat der zuständige Richter Juan Merchan die Strafmaß-Verkündung auf den 26. November, also nach der Präsidentschaftswahl, vertagt. Die theoretische Höchststrafe beträgt vier Jahre Haft.
CAMPAIGN TRAIL |
TRUMP ÜBERHOLT HARRIS: Die New York Times hat eine neue Umfrage veröffentlicht, die Trump bei 48 Prozent und Harris bei 47 Prozent sieht — unter den Personen die nicht nur wahlberechtigt sind sondern auch wahrscheinlich wählen gehen am 5. November.
Programm zu vage: Laut der Umfrage gaben 28 Prozent der potenziellen Wähler an, mehr über Harris erfahren zu wollen, während nur 9 Prozent angaben, mehr über Trump wissen zu wollen.
Außerdem hielten 47 Prozent der wahrscheinlichen Wähler Harris für zu links, während 32 Prozent der wahrscheinlichen Wähler Trump für zu konservativ hielten.
Die Umfragen von New York Times/Siena gelten als besonders zuverlässig und haben in den letzten Jahren eine überragende Rolle in der amerikanischen Politik gespielt — insbesondere werden sie mit Trendwenden bei Spendeneinnahmen in Verbindung gebracht.
Sieg wird schwieriger für Harris: Auch nach der neuesten Modellrechnung von Nate Silver, der Umfragen in Swing States mit bundesweiten Umfragen aggregiert und hochrechnet, welcher Kandidat eher eine Mehrheit im entscheidenden „Electoral College“ gewinnt.
Laut der Prognose vom Sonntag gewinnt Trump mit 63-Prozent Wahrscheinlichkeit die Wahl, gegen 36 Prozent Wahrscheinlichkeit für Harris.
TECHNOLOGY |
KRYPTO-KRACH: Bitcoin und Co. haben in der US-Politik so viel Einfluss wie nie zuvor. Doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig: Demokratische Krypto-Investoren sind besorgt, dass sich die Branche zu stark nach rechts bewegt, berichtet meine Kollegin Eleanor Mears.
Der Grund? Viele führende Krypto-Stimmen machen sich für den GOP-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump stark, der eine Politik verspricht, die diese digitalen Vermögenswerte fördert. Die Biden-Administration fuhr bisher einen eher skeptischen Kurs gegenüber Kryptowährungen.
Jetzt eskaliert der Streit: Die Krypto-Industrie startet ihre fast 170 Millionen Dollar schwere Super-PAC-Kampagne, mit der sie auch die Wahlen im Kongress beeinflussen will.
Demokraten stürzen: Der Demokratische Investor und Spenden-Schwergewicht Ron Conway hat den Krypto-Super-PAC „Fairshake“ verlassen, nachdem die Organisatoren verkündeten, sie würden Millionen in Wahlspots investieren, um den demokratischen Senator Sherrod Brown in Ohio zu stürzen – eine Entscheidung, die Conway offenbar nicht mittragen wollte.
Die Spaltung der Branche sei bemerkenswert, schreibt Eleanor. Selbst die Führungskräfte des gescheiterten Krypto-Riesen FTX haben beiden Parteien große Summen gespendet.
GEOPOLITIK |
VENEZUELA AM ABGRUND: Die kommenden Monate vor der erneuten Amtseinführung von Präsident Nicolás Maduro werden für Venezuelas Verhältnis zu den USA von zentraler Bedeutung sein, berichtet meine Kollegin Nahal Toosi.
Neuer Block: Maduro hat Zuflucht in den Armen der US-Gegner Russland, China und Iran gefunden, einem aufstrebenden Block, der Venezuela dabei helfen kann, westliche Sanktionen zu umgehen.
Venezuelas wichtige Ölvorkommen geben Maduro zudem ein Druckmittel in den Verhandlungen mit globalen Mächten. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb die Opposition in Venezuela fürchtet, dass Amerika und andere Länder versuchen könnten, Maduro zu beschwichtigen oder sich mit ihm abzufinden.
Angst vor Migrationswelle: Die grassierende Korruption und Armut in Venezuela haben bereits Millionen gezwungen, das Land zu verlassen. Washington befürchtet, dass eine neue Migrationswelle die Krise an der Grenze zwischen den USA und Mexiko weiter verschärfen könnte.
Timing: Bei den US-Präsidentschaftswahlen dieses Jahr gehören Migration und Grenzsicherheit zu den heißesten Themen.
Umfragen zeigen, dass Millionen von Venezolanern erwägen, das Land bereits vor Maduros Amtsantritt zu verlassen. Maduro, so die Befürchtung, könnte dieses Druckmittel nutzen, um beispielsweise eine Lockerung der Sanktionen zu fordern.
REPRÄSENTANTENHAUS UND SENAT |
BACK TO SCHOOL: Heute kommt der Kongress aus der Sommerpause zurück auf den Capitol Hill.
Bis zum 1. Oktober muss der Haushaltsplan stehen, doch das dürfte auch in diesem Jahr wieder an der Blockade der Republikaner im Kongress scheitern.
Am Freitag haben die Republikaner um ihren Sprecher Mike Johnson, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, einen Plan zur Überbrückung der Regierungsfinanzierung vorgestellt.
Das Überbrückungsgesetz soll die Regierung bis zum 28. März 2025 finanziell ausrüsten, ist aber an Bedingungen der Republikaner gebunden. Dazu gehört zum Beispiel, einen Nachweis der Staatsbürgerschaft zu verlangen, um an Bundeswahlen teilnehmen zu können — eine Maßnahme, auf der der ehemalige Präsident Donald Trump bestanden hat, die aber für die Demokraten im Senat nicht in Frage kommt.
Die beiden Parteien haben jetzt bis Ende September, also genau drei Wochen Zeit, sich auf ein Überbrückungsgesetz zu einigen, sonst darf die Regierung keine weiteren Ausgaben tätigen. Wenn es zu einem Shutdown käme, würden etwa Millionen Angestellte der Regierung kein Gehalt mehr bekommen.
CHINA-WEEK: Die erste Woche nach der Sommerpause steht im Zeichen von China. Mike Johnson kündigte an, in der nächsten Woche eine Reihe von Gesetzen, die sich auf China beziehen, im Schnellverfahren durchsetzen zu wollen.
Die meisten dieser Gesetze dienen der nationalen Sicherheit der USA und der Verteidigung. Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von CCP-Drohnen etwa zielt darauf ab, die Verwendung von in China hergestellten Drohnen, die für das Verteidigungsministerium bereits verboten sind, in staatlichen und lokalen Behörden, einschließlich Polizeibehörden, einzuschränken.
Die Abgeordneten sehen Sicherheitsrisiken, die von diesen Drohnen ausgehen, insbesondere an sensiblen Orten wie Militärbasen.
WORÜBER WASHINGTON SONST NOCH SPRICHT |
CHENEYS UNTERSTÜTZEN HARRIS: Dick Cheney, der ehemalige republikanische Vize von Präsident George Bush, hat am Freitag angekündigt, er werde Kamala Harris wählen.
Trump „kann man nie wieder die Macht anvertrauen“, schrieb Cheney in einem Statement. „Als Bürger hat jeder von uns die Pflicht, das Land über die Partei zu stellen und unsere Verfassung zu verteidigen.“
Die ehemalige republikanische Abgeordnete Liz Cheney, seine Tochter, kündigte an, sie werde nicht nur für Kamala Harris stimmen, sondern in den Swing States Wahlkampf gegen Trump machen, um die Demokratie zu verteidigen.
Trump gefährde „ die verfassungsmäßige Ordnung, auf der dieses Land beruht“, sagte Cheney am Sonntag auf ABC.
Das war DC Decoded — das Amerika Briefing von POLITICO. Vielen Dank, dass Sie uns lesen und abonnieren. Bis zur nächsten Ausgabe!